Akku Abbildung zu InterviewSonderteil Batterien und Akkus

Die Frage, ob Akkus künftig herkömmliche Hörgerätebatterien ersetzen, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: von der technologischen Möglichkeit, die Lebensdauer eines Akkus deutlich zu erhöhen, und vom Umdenken des Kunden, der sich an die Einwegbatterien trotz ihrer Umweltbelastung gewöhnt hat. Lutz Kupper, Geschäftsführer und technischer Leiter der Audia Akustik GmbH im thüringischen Sömmerda, beantwortet im Hörakustik-Interview die wichtigsten Fragen zum Akkumulator.


Hörakustik: Herr Kupper, als technischer Leiter haben Sie das von der Audia Akustik GmbH vertriebene Akku-Ladesystem für Hörgeräte maßgeblich mit entwickelt. Wie funktioniert so ein Akku?
Lutz Kupper: Ein Akku für Hörsysteme funktioniert prinzipiell wie jeder andere Akku auch, etwa im Mobiltelefon oder Akkuschrauber. Als Akku beziehungsweise Akkumulator bezeichnet man im Allgemeinen einen wiederaufladbaren Speicher für elektrische Energie auf elektrochemischer Basis. In einem Akkumulator wird beim Aufladen elektrische Energie in chemische Energie umgewandelt. Wird ein Gerät angeschlossen, so wird die chemische Energie wieder in elektrische Energie umgewandelt. Die für eine elektrochemische Zelle typische elektrische Nennspannung, der Wirkungsgrad und die Energiedichte hängen von der Art der verwendeten Materialien ab.

Hörakustik: Doch was ist das Besondere an Akkus für Hörsysteme?
Lutz Kupper: Hier sind natürlich besondere Anforderungen an die Energiedichte und die Haltbarkeit gestellt. Der Akku muss möglichst klein sein, damit sich dieser in das Hörsystem integrieren lässt; er soll genügend Energie liefern, um das Hörsystem mindestens einen Tag lang zuverlässig betreiben zu können, und er sollte diese Zuverlässigkeit über einen langen Zeitraum gewährleisten – möglichst über die gesamte Lebensdauer des Hörgeräts.

Hörakustik: Wodurch wird seine Haltbarkeit begrenzt?
Lutz Kupper: Der Akku ist ein komplexes, aber auch sehr empfindliches Wesen: Wird er falsch behandelt, schwindet seine Leistung und der Burn-out lässt nicht lange auf sich warten. Den größten Einfluss auf Akkuleistung, -verfügbarkeit und -lebensdauer hat das Ladeverfahren. Von entscheidender Bedeutung ist eine schonende Ladung des Akkus. Eine Überladung muss unbedingt vermieden werden, denn sie führt zu verschiedensten Veränderungen der elektrochemischen Struktur im Akku und schwächt diesen beträchtlich. Ausdruck dieser Schwächung ist eine fortlaufende Reduzierung der Energiemenge, die der Akku zu speichern in der Lage ist.

Hörakustik: Und das ist bei allen Akkus so, auch bei jenen für Hörsysteme?
Lutz Kupper: Ja, generell schon. Im Normalfall wird bei der Ladung von Akkus davon ausgegangen, dass der Akku beim Start der Aufladung vollständig entladen ist. Der leere Akku wird dann eine fest definierte Zeit mit einem fest definierten Strom geladen, damit sichergestellt ist, dass der Akku am Ende des Ladevorgangs vollständig aufgeladen ist. Diese Methode ist aber nicht optimal für die Aufladung von Akkus, die in Hörsystemen verwendet werden. Sie führt in der Regel dazu, dass die Akkus permanent überladen werden. Die Besonderheit bei unserem Akku-Ladesystem für Hörsysteme liegt in der schonenden und intelligenten Behandlung des Akkus. Die Ladung des Akkus wird durch einen Ladecontroller überwacht, der den Ladezustand des Akkus anhand mehrerer komplexer Parameter auswertet und so den Ladevorgang exakt steuern kann. Dadurch wird sichergestellt, dass nur die dem Akku entnommene Energie nachgeladen wird. Der Akku wird auf diese Weise sehr schonend behandelt und belohnt uns mit seiner ausdauernden Zuverlässigkeit. So können wir unseren Kunden eine Betriebsdauer des Hörsystems von täglich mehr als 20 Stunden garantieren. Eine weitere Besonderheit unseres Systems ist die induktive, berührungslose Aufladung der Hörsysteme.

Hörakustik: Wie verläuft diese kabellose Aufladung?
Lutz Kupper: Das funktioniert ähnlich wie bei der drahtlosen elektrischen Zahnbürste: Zwei Spulen übertragen dabei die Energie berührungslos. Das Hörsystem wird einfach in die Ladestation gelegt, der Ladecontroller im Hörsystem erkennt, dass er sich in der Ladestation befindet und beginnt mit der kontrollierten Ladung des Akkus. Auf dem Display der Ladestation wird angezeigt, dass der Akku geladen wird. Wenn der Ladecontroller erkennt, dass der Akku zu 100 Prozent geladen ist, beendet er den Ladevorgang; auf dem Display der Ladestation wird signalisiert, dass der Akku voll ist. Der Benutzer entnimmt dann sein Hörsystem und kann es gleich verwenden.

Hörakustik: Muss sich der Hörgeräteträger dann gar nicht mehr um Batterien oder Akkus kümmern?
Lutz Kupper: Bei batteriebetriebenen Hörgeräten ist ein regelmäßiger Wechsel der Batterien notwendig, da diese ja irgendwann „leer“ sind. Die Nutzungsdauer der Batterie ist abhängig von der Batteriegröße und vom Stromverbrauch des Hörsystems. Die Erfahrung zeigt uns, dass der Austausch der winzigen Batterien vor allem für ältere Menschen zur Schwierigkeit werden kann. Beim Akku-Hörsystem hingegen muss nichts gewechselt werden, die Akkus sind hier fest im Hörsystem eingebaut. Der Nutzer muss lediglich seine Hörsysteme in die Ladestation legen, und am nächsten Morgen sind die Geräte wieder einsatzbereit. Es bedarf keiner weiteren Handgriffe. Sollte der Akku doch einmal eine Fehlfunktion haben, so wird dies von der Ladestation erkannt und signalisiert. Der Kunde bringt seine Hörsysteme dann zum Hörakustiker und der Akku wird umgehend und kostenlos vom Fachmann ausgetauscht.

Lutz KupperHörakustik: Wie viele Akkus werden in Sömmerda produziert?
Lutz Kupper: Die Audia Akustik GmbH produziert die Akkus nicht selbst. Wir verwenden Akkus der VARTA AG. Wir testen hier in Sömmerda jede neue Charge Akkus und prüfen deren Kapazität, um festzustellen, ob diese unseren Anforderungen genügt. Erst danach wird die neue Charge für den Einsatz in unseren Hörsystemen freigegeben.



Hörakustik:
Werden die Akkus schon bald die Hörgerätebatterien ersetzen? Wohin geht der Trend bei den Kunden?
Lutz Kupper: Das ist natürlich schwierig zu sagen, aber wenn wir uns die Entwicklung im Elektronikbereich anschauen, etwa bei Handys, dann ist der Trend in Richtung Akku klar zu erkennen. Allein im Bereich elektronische Mobilität wird momentan viel in Forschung und Entwicklung investiert, und das ist natürlich ein gutes Zugpferd für die Akku-Technologie. Hier wird sich entwicklungstechnisch sicher einiges tun in den nächsten Jahren. Die Akkus werden leistungsfähiger und zuverlässiger und so auch immer interessanter für den Hörsystemmarkt. Doch auch der Ökologiegedanke spielt natürlich eine wichtige Rolle: Wenn ein Hörgeräteträger über mehrere Jahre durch Verwendung eines Akkus Hunderte von umweltschädlichen Batterien einsparen kann, dann ist das sehr, sehr gut.

Hörakustik: Ihr Kooperationspartner ist die Hansaton Akustik GmbH in Hamburg. Sind Ihre Akkus nur mit Hansaton-Hörsystemen kompatibel?
Lutz Kupper: Hansaton ist ein sehr enger Vertriebs- und Entwicklungspartner von uns. Wir fertigen und vertreiben Hansaton-Hörsysteme. Das Ladecontrolling und die Ladestation wurden von Audia entwickelt und patentiert. Wir stellen Hansaton unsere Ladetechnologie zur Verfügung und unterstützen die Entwicklung und Integration der Ladetechnologie in deren Hörsysteme. Die sogenannte Audia AQ-Technologie ist daher nur in Hansaton-Hörsystemen zu finden. Bei jedem Gerät handelt es sich um eine spezielle Entwicklung, da Ladecontroller, Akku und Ladespule zusätzlich zur üblichen Hörsystemtechnik integriert werden müssen. Es gibt sowohl HdO-, IdO- als auch Ex-Hörer-Geräte in Verbindung mit der Audia AQ-Technologie.

Hörakustik: Herzlichen Dank für das Gespräch!

Dr. Herman Nilson


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