Fordert ein Hörgeräteträger die Erstattung der Mehrkosten für sein Hörsystem, muss er nach Auffassung des Sozialgerichtes Mainz (Az. S 14 KR 517/13) bereits zum Zeitpunkt der Versorgung aufzahlungsfreie Hörsysteme getestet haben. Denn bei einer nachträglichen Messung verfüge er über eine andere Hörerfahrung als zum Zeitpunkt der Versorgung und sei bereits an sein aufzahlungspflichtiges Hörsystem gewöhnt.

Der hörbeeinträchtigte Kläger hatte sich 2010 mit einem aufzahlungs­pflichtigen Hörsystem versorgen las­sen. Zuvor hatte er ein aufzahlungsfrei­es Hörsystem getestet, mit dem er nicht zufrieden war. Das Angebot des Akus­tikers, ein weiteres aufzahlungsfreies Hörsystem auszuprobieren, lehnte er ab. Stattdessen erklärte er schriftlich, kein eigenanteilsfreies Hörsystem, son­dern eine Versorgung mit Mehrkosten zu wünschen. Dann forderte er von sei­ner Krankenkasse die Erstattung der Mehrkosten in Höhe von 3.200 Euro für das gewählte Hörsystem, welches über einen Zoom und eine Fernbedienung verfügte sowie bluetoothfähig war. Als die Krankenkasse die Kostenerstattung verweigerte, reichte der Versicherte 2013 Klage beim Sozialgericht Mainz ein.

Das Sozialgericht Mainz erteilte dem Wunsch des Klägers eine klare Absage. Zwar habe der Schwerhörige behaup­tet, dass allein das von ihm gewählte Hörsystem seine Hörbehinderung aus­gleichen könne. Dies könne er aber nicht ausreichend beweisen. Denn bei der Anpassung habe er die Probe der ihm angebotenen eigenanteilsfreien Hörsysteme verweigert. Daher fehle es nun an den erforderlichen Vergleichswerten. Es könne damit nicht ausgeschlossen werden, dass eine eigenanteilsfreie Versorgung des Klägers möglich gewesen wäre. Die Klärung dieser Frage könne im Rahmen des Gerichtsprozesses aber nicht mehr nachgeholt werden.

Denn das Hörvermögen des Klägers stelle sich heute anders dar als noch zum Zeitpunkt der Versorgung. Entschei­dend sei, ob die streitgegenständliche Versorgung – nämlich die Versorgung im Jahr 2010 – eigenanteilsfrei hätte durchgeführt werden können. Dies sei nun aber nicht mehr zu rekonstruieren. Das Gericht bezweifelte zudem, dass die konkrete Ausstattung des aufzah­lungspflichtigen Hörsystems notwen­dig gewesen sei. Denn das Hörsystem des Klägers beinhalte unter anderem einen Zoom, mit dessen Hilfe Ge­sprächspartner herangezoomt wer-den könnten. Eine solche Fähigkeit sei aber auch bei gut Hörenden nicht vorhanden.

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