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Vom Geben und Nehmen

Häufig entschließen sich Arbeitgeber, die Kosten für Fort- und Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter zu übernehmen. Im Gegenzug wird dann in vielen Fällen eine Fortbildungsvereinbarung getroffen, die eine Rückzahlungsklausel enthält. Diese greift, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf einer bestimmten Frist unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Unternehmen ausscheidet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jetzt über die Wirksamkeit bestimmter Rückzahlungsklauseln zu entscheiden (BAG, Urteil vom 01.03.2022, 9 AZR 260/21).

 

Sachverhalt

Geklagt hatte eine Rehaklinik. Die beklagte Arbeitnehmerin war dort in der Zeit vom 01.06.2017 bis zum 31.01.2020 als Altenpflegerin angestellt. Am 10.02.2019 schlossen die Rehaklinik und die Beschäftigte einen Fortbildungsvertrag, demzufolge die Beklagte in der Zeit vom 04.06.2019 bis zum 03.12.2019 an insgesamt 18 Arbeitstagen an einer Fortbildung zum Fachtherapeut Wunde Initiative Chronische Wunden (ICW) teilnehmen sollte. In dem Fortbildungsvertrag verpflichtete sich die Arbeitgeberin zur Übernahme der durch die Teilnahme an der Fortbildung entstehenden Kosten von 4.090,00 Euro, die sich aus den Kursgebühren von 1.930,00 Euro und einer bezahlten Freistellung im Wert von 2.160,00 Euro zusammensetzten. Des Weiteren wurden in § 3 des Vertrags die Bindungs- und Rückzahlungsfrist wie folgt geregelt:

„(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.

(2) Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag. Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden ein Sechstel des gesamten Rückzahlungsbetrags erlassen.

(3) Ebenso besteht die Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung aus in seiner Sphäre liegenden und von ihm zu vertretenden Gründen vorzeitig abbricht. …“

Die Beklagte hat die im Fortbildungsvertrag vorgesehene Fortbildungsmaßnahme am 03.12.2019 erfolgreich abgeschlossen. Schon mit Schreiben vom 29.11.2019 hatte sie aber das mit der Klinik bestehende Arbeitsverhältnis zum 01.02.2020 gekündigt. Daraufhin forderte die Rehaklinik sie mit Schreiben vom 30.12.2019 auf, die ihr entstandenen Fortbildungskosten anteilig in Höhe von 2.726,68 Euro zurückzuzahlen. Die Arbeitgeberin vertrat dabei die Auffassung, ihre Arbeitnehmerin sei gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 des Fortbildungsvertrags zur anteiligen Rückzahlung der seitens der Klinik aufgewandten Fortbildungskosten verpflichtet. Schließlich sei die Arbeitnehmerin vor Ablauf der sechsmonatigen Bindungsfrist aufgrund einer Eigenkündigung, die durch die Arbeitgeberin nicht zu vertreten gewesen sei, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Die durch die Fortbildung erworbenen Kenntnisse könne die Beklagte nicht nur bei der Klägerin, sondern auch im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses verwenden.

Die beklagte Arbeitnehmerin hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat dabei die Auffassung vertreten, § 3 Abs. 2 Satz 1 des Fortbildungsvertrags sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam. Die Klausel enthalte eine unangemessene Benachteiligung, weil sie Arbeitnehmer auch dann zur Rückzahlung verpflichte, wenn diese unverschuldet dauerhaft nicht mehr in der Lage seien, ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen und das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund personenbedingt kündigten.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben sowohl die Klage der Rehaklinik als auch deren Berufung abgewiesen. Mit der Revision beim Bundesarbeitsgericht verfolgte die Klägerin ihr Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das BAG vertrat aber wie die Vorgängerinstanzen die Ansicht, dass die Rückzahlungsklausel unwirksam sei. Die klagende Klinik habe gegen die beklagte ehemalige Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf Rückzahlung von Fortbildungskosten, da die hierzu getroffene Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalte.

Bei den im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das Landesarbeitsgericht habe korrekterweise festgestellt, dass es sich um von der Klägerin vorformulierte Vertragsbedingungen handele. Der Vertrag weise auch, außer den persönlichen Daten der Beklagten, keine individuellen Besonderheiten auf. Dies begründe, wie auch das äußere Erscheinungsbild, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Be­stimmungen des Fortbildungsvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB handle.

Die Wirksamkeit der im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden sei somit anhand der entsprechenden Regelungen des BGBs zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beurteilen. Hierbei werden insbesondere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geprüft, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder sie ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehörten auch Regelungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechens ausgestalten. Eine derartige Regelung liege im zu entscheidenden Fall vor. Die Klägerin habe in § 3 Abs. 2 des Fortbildungsvertrags festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte Fortbildungskosten zurückzuerstatten hat. Außerdem werde durch den mit der Rückzahlungsklausel ausgelösten Bleibedruck die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes gewährleistete arbeitsplatzbezogene Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers eingeschränkt. § 3 Abs. 2 Satz 1 des Fortbildungsvertrags unterscheide dabei zwischen verschiedenen Beendigungstatbeständen, die eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers auslösen können. Neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag stellt die Klausel zum einen auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine verhaltensbedingte ordentliche oder außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers und zum anderen, worauf die Klägerin ihre Forderung stütze, auf eine vom Arbeitnehmer erklärte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus einem nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund ab.

Der § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags knüpfe die Rückzahlungspflicht an sämtliche Eigenkündigungen des Arbeitnehmers, die nicht auf einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund beruhen. Der Anwendungsbereich der Klausel erstrecke sich damit auch auf eine Kündigung, die der Arbeitnehmer ausspreche, weil er unverschuldet und ohne Verursachungsbeitrag des Arbeitgebers aus Gründen in seiner Person dauerhaft nicht mehr in der Lage sei, die Qualifikation, die er mit der vom Arbeitgeber finanzierten Weiterbildung erworben hat, im Rahmen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu nutzen.

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags sei dabei nicht teilbar und müsse deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach den jeweiligen Bestimmungen des BGBs unterzogen werden, führte das BAG weiter aus. Sie erfasse in ihrem Anwendungsbereich nicht verschiedene, nur äußerlich zusammengefasste Regelungen, sondern inhaltlich und sprachlich alle Fälle der Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Nehme man Streichungen vor, entfiele die Anspruchsgrundlage insgesamt. Das BAG stellte nach seiner Prüfung fest, dass die Rückzahlungsklausel zu einer unangemessenen Benachteiligung führe und deshalb unwirksam sei.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Als unangemessen sei jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers zu betrachten, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen werde. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setze eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedürfe es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit sei ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen seien die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle seien dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen.

Grundsätzlich seien einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen habe, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, zulässig. Sie würden den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen benachteiligen. Es sei jedoch nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr müsse nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Zahlungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die an eine von diesem ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, könnten im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Da sie geeignet seien, das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) einzuschränken, muss einerseits die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen und andererseits den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegenüberstehen. Letzteres sei der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalte. Insgesamt müsse die Erstattungspflicht – auch dem Umfang nach – dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Sei dies nicht der Fall, verbleibt es dabei, dass Verluste, die eintreten, weil Investitionen in die Aus- und Weiterbildung des Arbeitnehmers nachträglich wertlos werden, grundsätzlich der Arbeitgeber als Betriebsausgaben zu tragen habe. Ausgehend von diesen Grundsätzen habe das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoße.

Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers sei nicht nur in Fällen anzunehmen, in denen es der Arbeitnehmer nicht in der Hand habe, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen, weil er durch Gründe in der Sphäre des Arbeitgebers, z. B. durch ein vertragswidriges Verhalten, zu einer Kündigung veranlasst oder mitveranlasst werde. Eine Rückzahlungsklausel sei auch dann unangemessen benachteiligend, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündige, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich sei, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichten soll. Auch unter dieser Voraussetzung sei eine Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Rückzahlungsverpflichtung von Fortbildungskosten weder durch billigenswerte Interessen des Arbeitgebers noch durch gleichwertige Vorteile des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Sei der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sei der arbeitsvertraglich vorgesehene Leistungsaustausch nicht mehr möglich. Damit könne der Arbeitgeber unabhängig von der Kündigung des Arbeitnehmers dessen Qualifikation bis zum Ablauf der Bindungsdauer nicht mehr nutzen. An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren und damit „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses bestehe in der Regel kein billigenswertes Interesse. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiere, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.

Die durch § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags bewirkte Bindung an das Arbeitsverhältnis benachteilige die Beklagte auch deshalb unangemessen, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen wird. Sei es dem Arbeitnehmer beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen ohne sein Verschulden dauerhaft nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wäre er bei Wirksamkeit des § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags verpflichtet, nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums ohne Gegenleistung des Arbeitgebers am Arbeitsverhältnis festzuhalten, um die Rückzahlungspflicht abzuwenden. Dies gelte unabhängig davon, ob die vertraglichen Regelungen in dieser Situation das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vorsehen würden. Bei einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers sei ein Austausch der Hauptleistungspflichten ausgeschlossen, auch wenn die Parteien deren Suspendierung nicht vereinbart haben. Der Arbeitnehmer werde nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht befreit, wenn ihm die Erbringung der Arbeitsleistung aufgrund dauerhafter Leistungsunfähigkeit unmöglich sei. Der Arbeitgeber wiederum sei ausgehend von dem Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“ außerhalb des Zeitraums von sechs Wochen regelmäßig nicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung verpflichtet.

An den Arbeitgeber als Verwender der Rückzahlungsklausel würden hierdurch keine unzumutbaren Anforderungen gestellt. Dem Arbeitgeber sei es ohne Weiteres möglich, die Fälle von der Rückzahlungspflicht auszunehmen, in denen der Arbeitnehmer sich zur Eigenkündigung entschließe, weil er vor Ablauf der Bindungsdauer wegen unverschuldeter Leistungsunfähigkeit die durch die Fortbildung erworbene oder aufrechterhaltene Qualifikation in dem mit dem Verwender der Klausel bestehenden Arbeitsverhältnis nicht mehr nutzen könne.

Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Da jedoch der Arbeitgeber in aller Regel keine Kenntnis von den Gründen habe, die den Arbeitnehmer zur Eigenkündigung bewogen haben, gelte eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitgeber könne sich zunächst auf den Vortrag beschränken, die Eigenkündigung des Arbeitnehmers beruhe nicht auf unverschuldeten personenbedingten Gründen. Sodann obliege es dem Arbeitnehmer, substantiiert vorzutragen, durch unverschuldete Gründe in seiner Person, die seine qualifikationsgerechte Beschäftigung bis zum Ablauf der Bindungsdauer ausschließen, zur Eigenkündigung veranlasst worden zu sein. Auch diesen Vortrag hat der Arbeitgeber konkret zu bestreiten und erforderlichenfalls zu widerlegen. Nur wenn ihm das nicht gelingt, hat er die Folgen der Nichterweislichkeit des Fehlens einer im Sinne der Rückzahlungsklausel gerechtfertigten personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers zu tragen.

Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel sei es unerheblich, ob der Arbeitnehmer im Entscheidungsfall tatsächlich durch personenbedingte Gründe im vorgenannten Sinne zur Eigenkündigung veranlasst wurde. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligten bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit seien auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert habe. Die Unwirksamkeit von § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags führe somit nach § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Wegfall der Rückzahlungsklausel unter Aufrechterhaltung der Weiterbildungsvereinbarung. Weder sei eine Beschränkung der Unwirksamkeit auf die unzulässigen Formulierungen vorzunehmen, noch würden die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung vorliegen.

 

Für die Praxis

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat in deutlicher Form nochmals die Tücken der Formulierung von wirksamen Rückzahlungsklauseln bei Fort- und Weiterbildungsverträgen sowie an sich der Gestaltung von allgemeinen Geschäftsbedingungen verdeutlicht. Dabei reicht es aus, dass einzelne Klauseln gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen um größere Regelungskomplexe unwirksam werden zu lassen, wenn eine Trennbarkeit einer Klausel und damit die Möglichkeit ihrer Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil nicht gegeben ist. Diese Trennbarkeit besteht aber nur dann, wenn der unwirksame Teil einer Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet. Funktioniert dieser sogenannte Blue-Pencil-Test nicht, so erleiden alle Teile einer Klausel das Schicksal des mit ihnen verbundenen unwirksamen Teils. Dies selbst dann, wenn der unwirksame Part in einem konkreten Fall gar keine Auswirkungen hat, weil seine Voraussetzungen nicht gegeben sind. Daher empfiehlt es sich stets bei der Verwendung entsprechender Klauseln auf bewährte Muster zurückzugreifen oder juristische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Das Urteil zum Fall lesen Sie hier.

Christian Behrendt, Leiter Abteilung Handwerksrecht, Bundesinnung der Hörakustiker KdöR (biha)

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